Achtung, das ist der sechste Teil meiner Endometriose Geschichte – wollt ihr erst den Beitrag über meine Endometriose Operation lesen oder beim Anfang allen Übels beginnen?
Ich fühle mich benebelt. Das ist so ziemlich meine erste Erinnerung nach meiner Operation. Die nächste ist, dass ich nach links gucke, auf meinen Überwachungsmonitor. Es ist 11:36 Uhr. Ich erinnere mich, um kurz nach neun in den OP gegangen zu sein – zweieinhalb Stunden sind also vergangen. Ich werde langsam etwas klarer im Kopf. Eine Schwester kommt zu mir, fragt, wie es mir geht. Okay, antworte ich ihr, noch etwas benebelt.
Mein Zeitgefühl ist noch total im Eimer, aber nach einiger Zeit kommt mein operierender Arzt. Er erzählt mir schon einmal ganz kurz, was er gefunden hat: Meine Zyste konnten sie aufschneiden, das alte Blut daraus entfernen. Außerdem habe ich wohl noch Endometrioseherde an weiteren Stellen im Bauchraum gehabt. Er sagt mir auch noch, dass meine Gebärmutter aussieht wie ein Schwamm. Ich gucke ihn etwas verwirrt an – ein Schwamm? Er erklärt mir, dass sie durchzogen ist von Endometriose – ich hab also wohl auch Adenomyose. So richtig schnalle ich das alles aber noch nicht. Wir sprechen später nochmal ganz genau darüber, sagt er mir.
Ungefähr eine halbe Stunde vergeht, die mir wirklich nur wie wenige Minuten vorkommt, bis die Schwester zurückkommt. Sie bittet mich, mir vorsichtig was überzuziehen, wenn ich das schaffe, damit ich dann von meinem Bett im Aufwachraum in den Ruheraum umziehen kann. Erstaunlicherweise hab ich mit dem Anziehen absolut keine Probleme, nur beim Aufsetzen brauche ich ihre Hilfe. Noch immer leicht benebelt gehe ich zwar leicht gestützt, aber doch selbstständig in einen Raum nebenan, der sich als Ruheraum entpuppt. Dort werd ich auf einen Stuhl gesetzt, der sich wie eine Liege leicht nach hinten klappen lässt. Ich bekomme eine Decke und ein Glas Wasser.
Eine Narkose macht lustig
Dann geht die Schwester Philip holen. Wie schön ihn zu sehen. Ich bin noch immer benebelt, habe das Gefühl, als wäre ich irgendwie betrunken, aber ich fühle mich glücklich dabei. Philip fragt, wie es mir geht, ob ich schon was wüsste. Ich plappere vor mich hin, was ich noch von dem weiß, was der Arzt mir eben am Bett gesagt hat. Ich hab irgendwie total Hunger. Philip gibt mir mein lang ersehntes Rosinenbrötchen, lecker. Während ich das langsam esse erzähle ich, dass ich mich total lustig fühle.
Da fällt mir auf einmal ein, dass ich ja noch gar nicht wirklich nachgeguckt habe, was da auf meinem Bauch eigentlich los ist! Ich drücke Philip mein halbes Rosinenbrötchen in die Hand und ziehe mein Shirt hoch, ich war lange nicht so neugierig. Ich finde ein riesiges Pflaster über dem Bauchnabel und zwei kleinere mit jeweils einem Wattebausch unter dem Pflaster: Eins mittig über dem Schambereich und das andere rechts in der Leiste. Freudestrahlend und stolz zeige ich Philip die tollen Pflaster und meinen vom Jod gelben Bauch. Ich möchte unbedingt, dass er ein Foto davon macht. Eine Narkose macht wirklich lustige Sachen mit dem Gehirn…
Meine Diagnose
Es vergeht etwas mehr als eine Stunde, bis mein operierender Arzt mich für das Nachgespräch aufruft. Philip darf natürlich mitkommen. In seinem Büro fragt er mich erstmal, wie es mir jetzt geht. Ich sage gut, denn das stimmt – ich fühle mich erstaunlich fit. Um meine Diagnose zu besprechen, schauen wir uns Bilder aus dem OP an.
Zuerst gucken wir auf meinen rechten Eierstock: Den haben sie aufgeschnitten, um an die Zyste zu kommen. Zwar war es dadurch möglich, die Flüssigkeit aus der Zyste zu entlassen, aber entfernen konnten sie sie nicht komplett, nur teilweise. Das lag daran, dass eine Zyste normalerweise nur einen Balg hat, an dem sie fest ist. Meine war aber schon so lange in meinem Eierstock, dass sie extrem damit verwachsen war, an diversen Stellen. Die Zyste zu entfernen hätte mich vermutlich meinen rechten Eierstock gekostet. Der Arzt sagt mir, da hat er lieber konservativ operiert und nimmt das Risiko in Kauf, dass sich die Zyste an genau der Stelle wieder bilden kann, statt mir mit 24 meinen Eierstock zu entfernen. Ich bin ihm wirklich dankbar für diese Entscheidung.
Danach sprechen wir über die anderen Endometrioseherde: Befallen ist zum einen meine Vesikouterineumschlagsfalte, ein Bereich zwischen Blase und Gebärmutter. Zum anderen ist das Bauchfell an meinen Darmbeinschaufeln auf beiden Seiten betroffen, das ist ein Bereich ungefähr auf Höhe der Nieren. Alle diese Endometrioseherde konnten glücklicherweise problemlos entfernt werden. Zuletzt sprechen wir noch über meine Gebärmutter: Diese sei weich, aufgedunsen und stark vergrößert – viel zu stark für jemanden in meinem Alter, der noch keine Kinder bekommen hat. Das bedeutet, dass die Endometriose die Muskultur meiner Gebärmutter durchzieht – deshalb auch die Beschreibung mit dem Schwamm. Also liegt auch eine Adenomyose vor.
Ich bin nicht überrascht
Ganz ehrlich? Ich bin erstaunlich wenig schockiert von dieser Diagnose. Vielleicht liegt das daran, dass ich mich schon lange damit auseinandergesetzt habe, dass meine Wahrscheinlichkeit Endometriose zu haben fast höher ist, als es nicht zu haben. Ehrlich gesagt habe ich auch mit fast allen Befunden gerechnet. Ich bin davon ausgegangen, dass ich neben der Zyste auch weitere von Endometriose befallene Stellen haben werde. So war es. Dank meiner Frauenärztin, die schon vorab vermutet hat, dass eine Adenomyose vorliegt, konnte mich auch dieses Ergebnis nicht mehr überraschen, denn auch damit habe ich gerechnet. Rückblickend denke ich, dass es gut war, dass ich mich schon so lange vor meiner Operation mit dieser Krankheit beschäftigt hatte – so bin ich nicht aus allen Wolken gefallen, als ich mit der Liste an Befunden konfrontiert wurde.
Nach dem Gespräch mit dem Arzt wird mir gesagt, dass ich jetzt bitte nochmal auf Toilette gehen soll. Bevor ich nämlich nicht pinkeln kann, werde ich auch nicht entlassen. Das geht zum Glück aber alles einwandfrei. Mir wird noch mein Zugang gezogen, da muss ich noch fünf Minuten etwas drauf drücken. Ich bekomme noch diversen Zettelkram, unter anderem alle Telefonnummern von meinen Ärzten, für den Notfall, und einen Merkzettel darüber, was ich wie lange alles nicht darf, wann und wie ich meine Pflaster wechseln soll und solche Dinge eben. Es ist jetzt früher Nachmittag und ich werde nach hause entlassen.
Meine Geschichte geht jetzt mit den ersten Tagen nach meiner Operation weiter! Wenn ihr Fragen, Feedback oder Anmerkungen habt, dann schreibt mir gerne einen Kommentar oder eine Nachricht.