Achtung, das ist der zweite Teil meiner Endometriose Geschichte – wollt ihr lieber am Anfang beginnen?
Es ist Juli 2019, wir haben noch einmal drei Monate vorgespult, denn der nächste Kontrolltermin meiner Zyste steht an. In der Zwischenzeit waren Philip und ich mehrere Monate auf einem Roadtrip quer durch Skandinavien. Wir sind zurückkommen, pünktlich, damit ich meinen Termin wahrnehmen kann. Meine Gynäkologin macht wieder einen Ultraschall und – wen überrascht es jetzt überhaupt noch – meine Zyste ist natürlich noch immer da. Sie ist immer noch knapp vier Zentimeter groß, aber sie sieht schon wieder anders aus. Auf dem Ultraschall ist sie komplett einfarbig, die Kuhflecken sind weg. Meine Gynäkologin erklärt mir, dass sie mit Blut gefüllt ist und deshalb so aussieht. Das nennt man Schokoladenzyste, weil angetrocknetes Blut rauskommt, das aussieht wie flüssige Schokolade, wenn man sie aufschneidet – klingt für mich irgendwie eklig.
Der Verdacht
Erstmals äußert meine Gynäkologin nun ihren Verdacht, dass ich Endometriose haben könnte, weil diese Zysten dafür typisch wären. Ich gucke sie an wie ein Auto, denn ich hab absolut keine Ahnung, was dieses Endodings sein soll. Sie erklärt mir kurz und in groben Zügen, was Endometriose ist und was es bedeutet. Sie sagt mir auch, dass man Endometriose final nur in einer Operation erkennen kann. Im Zuge dieses Gesprächs kommt mir doch glatt mal der Gedanke, dass meine Schmerzen vielleicht doch gar nicht so normal sind, sondern ein Symptom sein könnten. Ich entscheide, dass ich das jetzt vielleicht doch mal ausführlicher erklären sollte.
Als ich meiner Gynäkologin also meine Schmerzen schildere, passt das für sie alles ins Bild und erhärtet ihren Verdacht weiter. Auch die Möglichkeit einer Adenomyose stellt sie in den Raum – das würde wohl zu meinen wehenartigen Krämpfen passen. Ich soll mir nun aber trotzdem erstmal überlegen, ob ich das mit der Operation für mich möchte, oder ob wir gemeinsam schauen wollen, wie es auch ohne weitergehen kann. Sie gibt mir auch noch eine Broschüre über Endometriose mit. Wir verbleiben nochmal so, dass ich in drei Monaten wiederkomme, um auf die Zyste zu gucken. Bis dahin soll ich mir das alles nochmal anschauen und darüber nachdenken, was genau ich jetzt machen möchte.
Endometriose… was für’n Ding?
Mit meiner Broschüre in der Hand verlasse ich die Praxis und rufe Philip an. Ich bin ziemlich überfordert, weil ich keine Ahnung habe, was das jetzt alles bedeutet. Ich habe aber so viel verstanden, dass Endometriose chronisch und nicht heilbar ist und auch unfruchtbar machen kann. Bis ich in unserer Wohnung ankomme, hat Philip bereits sämtliche wissenschaftlichen Studien zu Endometriose gescannt. Er erzählt mir jetzt, was genau Endometriose ist, was es bedeutet und rechnet mir meine Wahrscheinlichkeit vor, dass ich es wirklich habe. Das mag für viele eine ganz seltsame Herangehensweise an so eine Nachricht sein. Für uns war es aber genau das richtige, Zahlen und Fakten zusammenzutragen und über Wahrscheinlichkeiten zu philosophieren, denn wir haben beide einen extrem wissenschaftlichen Hintergrund.
Mehrere Tage kreisen meine Gedanken jetzt nur um die Endometriose. Ich google mich dumm und dusselig, auch wenn man das ja nicht machen soll. Ich lese jeden Blog, schaue alle Youtube-Videos, die ich finden kann, und suche bei Instagram nach Endometriose Accounts. Nach einigen Tagen habe ich das Gefühl, dass ich nun wirklich alles gelesen und geguckt habe, was in den Sprachen, die ich spreche, zu dem Thema da ist. Ich versuche, erstmal einen Haken dran zu machen. Mein nächster Termin ist ja schließlich erst im November und ich kann ja irgendwie nicht jeden Tag nur an die Endometriose denken.
Schlimmer geht immer
Es vergehen keine drei Wochen, da bekomme ich mal ziehende, mal stechende und mal brennende Schmerzen auf der rechten Seite meines Unterleibs. Es beginnt an einem Wochenende, an dem ich viel Reiten war. Ich denke mir erstmal nichts dabei, ich weiß ja, dass dort meine Zyste ist. Vielleicht hab ich mich beim Sport einfach blöd bewegt und deshalb tut es weh. Doch der Schmerz geht nicht mehr weg, er bleibt da, die ganze Zeit. Nach einer Woche rufe ich meine Gynäkologin nochmal an, weil es mir jetzt doch langsam komisch vorkommt. Sie schiebt mich direkt an dem Tag dazwischen, macht wieder einen Ultraschall. Meine Zyste ist einen halben Zentimeter größer als noch zwei Wochen zuvor. Ein Eierstock kann sich zwar ausdehnen, aber mein rechter ist mittlerweile mehr als doppelt so groß wie meiner linker. Das verursacht eindeutig die Schmerzen.
Ich soll mich operieren lassen
Meine Gynäkologin rät mir nun doch dazu, mich operieren zu lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass meine Zyste von alleine verschwindet, ist unglaublich gering, und diese dauerhaften Schmerzen können ja auch kein Dauerzustand sein. Ich hatte vorher auch schon selber den Entschluss gefasst, dass mich die Ungewissheit darüber, ob ich diese Krankheit habe, verrückt machen würde und ich mich auf jeden Fall operieren lassen möchte. Ich bekomme also meine Überweisung für die Operation und eine Empfehlung für eine ambulante Klinik, die Erfahrungen im Bereich Endometriose haben und ihren Job wohl sehr gut machen würden. An dieser Stelle sei kurz erwähnt, dass ich gesetzlich krankenversichert bin.
In der von meiner Gynäkologin empfohlenen Klinik rufe ich direkt nach meinem Termin an, es ist Anfang August 2019. Die Frau am Telefon ist super nett, doch leider gibt es erst einen Termin für ein OP-Vorgespräch Mitte September für mich. Ich nehme den Termin trotzdem, bin allerdings frustriert, dass es noch so lange hin ist. Soll ich jetzt so lange mit meinen chronischen Dauerschmerzen rumlaufen? Ich fürchte ja, Termine gibt es leider nicht wie Sand am Meer, auch wenn es so schön wäre.
Schmerzmittel – ohne geht es nicht
In den kommenden Wochen wird eine Mischung aus Ibuprofen 400 und 600 in einer kleinen Metallbox mein ständiger Begleiter, den ich überall mit hinnehme, für den Fall, dass die Schmerzen unerträglich werden. Ich muss deutlich häufiger darauf zurückgreifen, als mir lieb ist. Das führt alles so weit, dass ich in Panik gerate, wenn ich meine kleine Box vergesse mitzunehmen. Zwar versuche ich so oft es geht auf die Schmerzmittel zu verzichten, aber glaubt mir, das ist schwieriger, als man denkt. Vor allem, wenn man versucht, sein Leben einigermaßen normal weiterzuleben und weiterhin Sport zu treiben – ich bin nämlich nicht Willens, meinen geliebten Reitsport an den Nagel zu hängen, nur weil mir irgendwie alles wehtut.
In den folgenden Wochen werden meine Schmerzen kontinuierlich immer schlimmer. Den Höhepunkt erreichen sie kurz vor dem OP-Vorgespräch, als ich mal wieder meine Periode bekomme. Ich liege nachts im Bett, kann mich nicht bewegen. Ich hab mal wieder kalten Schweiß auf der Stirn stehen, aber heute ist mir auch noch speiübel – eine physische Reaktion auf den Schmerz.
Normalerweise hab ich Krämpfe, da habe ich wenigstens kleine Verschnaufpausen. Heute jedoch nicht, der Schmerz ist durchgängig. Auf meiner eigenen Skala von null bis zehn gebe ich dieser Nacht eine lockere elf. Ich kann mich weder bewegen noch sprechen, Philip zu wecken ist ein ziemlicher Akt. Er holt mir Schmerzmittel und Wasser, es wird dadurch etwas besser, aber nicht wirklich. Immerhin aber so gut, dass ich es ins Bad schaffe, um meine Nacht gekrümmt auf dem Boden vor dem Klo zu verbringen, weil mir so übel ist. Von allen Schmerzen, die ich je hatte, war das definitiv die schlimmste Nacht meines Lebens.
Die Fortsetzung meiner Geschichte findet ihr jetzt hier: Das Vorgespräch meiner Endometriose Operation! Wenn ihr Fragen, Feedback oder Anmerkungen habt, dann schreibt mir doch gerne einen Kommentar oder eine Nachricht.