„Das ist psychosomatisch!“ Ein Satz, der mich in meiner Jugend quasi dauerhaft begleitet hat. Ebenso wie ständige unerklärliche Bauchschmerzen und Verdauungsbeschwerden. Lange habe ich geglaubt, was die Ärzte mir sagten, und meine Beschwerden nicht weiter infrage gestellt.
Stell dich doch vorab einmal kurz vor!
Ich bin Miriam (mimis_endo_life), 25 Jahre alt und lebe mit meinem Freund in Braunschweig. Bis zu meiner Diagnose Endometriose im Juli 2020 war es ein langer Weg.
Nun zu deiner Endometriose Geschichte: Welche Symptome hattest du?
Wie schon kurz angeschnitten, begannen die Probleme schon in meiner Jugend. Ich hatte bei meiner Periode oft wahnsinnige Schmerzen und es ging mir insgesamt nicht gut. Nachdem ich mir dann aber mit 15 die Pille geholt habe, war die Periode immer erträglich und regelmäßig. Gut, ich hatte irre Schmerzen beim Klogang, aber das hielt ich bis zur Diagnose für völlig normal. Meine weiteren Beschwerden wie die ständigen Bauchschmerzen, den starken Blähbauch und die Verdauungsbeschwerden hätte ich niemals damit in Verbindung gebracht. Ich war zwar regelmäßig bei Ärzten und auch oft beim Gynäkologen deswegen, aber da wurde nie etwas gefunden. Auch der ein oder andere Krankenhausbesuch wegen Verdacht auf Blinddarm lief ins Leere. Die Ärzte haben mir deshalb immer entsprechende Medikamente gegeben und es auf den Stress geschoben. Das war oft sehr belastend …
Auch als ich aufgrund meines eigenen Empfindens, dass die Hormone mir nicht gut tun auf Dauer, die Pille im Sommer 2019 abgesetzt habe und dann so dolle Schmerzen bekam während der Periode, dass ich nach drei Monaten wieder angefangen habe, gab mir nicht zu denken.
Erst 2020, als ich einen weiteren Versuch startete, ohne Hormone zu leben, ging das „Drama“ so richtig los. Ich bekam von Monat zu Monat immer stärkere Schmerzen, sodass ich auf der Arbeit kaum noch stehen konnte, sondern weinend auf dem Fußboden kniete.
Als ich meinen Gynäkologen mit diesen Beschwerden aufsuchte, war seine Reaktion ernüchternd. „Das ist normal, da müssen Sie eben durch als Frau!“ Normal fand ich das ganz und gar nicht, nahm das aber erstmal so hin. (Ich habe dann im Nachhinein gewechselt!)
Da er aber eine kleine Zyste entdeckt hatte, die er weiter beobachten wollte, folgten weitere Termine.
Wann und wie wurde deine Endometriose dann diagnostiziert?
Als eine meiner Arbeitskolleginnen mitbekam, wie sehr ich mich während meiner Periode quälte, erzählte sie mir von ihrer Krankheit Endometriose, den Symptomen und den Parallelen, die sie dabei zu meinem Beschwerden sah. Ab da fing ich an zu recherchieren und fand mich immer mehr in diesem Krankheitsbild wieder. Als ich meinen Arzt damit konfrontierte, erzählte er mir, dass man das nur mittels einer Operation, einer Bauchspiegelung, feststellen könnte und dass ich mir doch gut überlegen sollte, ob das nötig sei …
Ich überlegte lange hin und her und kam zu keiner richtigen Entscheidung. Klar wollte ich wissen, was Sache ist, aber ich wollte auch nicht unnötig einen Eingriff machen. Meine „Hilfe“ war dann meine kleine Zyste im Douglasraum, die einfach keine Anstalten machen wollte, zu gehen oder kleiner zu werden. Da ich auch mittlerweile keinen schmerzfreien Geschlechtsverkehr mehr haben konnte und jeder Ultraschall beim Gynäkologen zur Qual wurde, schickte eine Kollegin meines Gynäkologen mich schließlich ins Krankenhaus.
Nachdem ich dort erneut mit Zweifeln an meinen Beschwerden konfrontiert wurde, entschied ich mich schließlich trotzdem für die Laparoskopie, die am 1. Juli 2020 dann ambulant durchgeführt wurde.
Hätte ich zu dem Zeitpunkt schon gewusst, dass es Endometriose Zentren gibt, hätte ich mich sicher nicht in einem städtischen Krankenhaus operieren lassen, aber davon erzählte mir niemand.
Nach Erhalt meiner Diagnose war ich erstmal ziemlich fertig, schlief viel und weinte eine Menge. Auch wenn der Verdacht da war, war die Bestätigung ein absoluter Schock.
Wie gehst du jetzt mit deiner Endometriose um?
Nachdem ich alles ein paar Tage vorerst ein bisschen verdaut hatte, spürte ich schnell den Wunsch nach Informationen und Erfahrungen anderer Betroffener. Auf Instagram fand ich dazu viele tolle Accounts, die sich mit Endometriose beschäftigen und darüber aufklären. Aber da war noch ein weiterer Wunsch: Ich wollte selber von meinen Erfahrungen berichten, darüber aufklären und mich aktiv austauschen. Also rief ich mimis_endo_life ins Leben. Dort berichte ich seitdem von meinen eigenen Erfahrungen und tausche mich mit so vielen tollen Menschen aus.
Deshalb kann ich allen Mädels, die diese Diagnose bekommen, nur ans Herz legen: Wenn ihr den Wunsch nach Austausch habt, tut es! Es tut so gut, zu spüren, dass man mit nichts alleine ist! 💛
Aber wenn nicht ist, dann ist das natürlich auch okay. Jeder muss seinen eigenen Weg mit der Endometriose finden.
Seit der Diagnose hat sich bei mir noch einiges getan. Es folgte ein weiterer gescheiterter Versuch ohne Pille, eine Reha, Besuche in verschiedenen Endometriose Zentren, der Jobverlust und schließlich vor wenigen Wochen im Dezember 2021 eine weitere Operation, bei der sich rausstellte, dass das städtische Krankenhaus leider nur die Endometriose festgestellt, aber nicht entfernt hatte. Das war dann auch die Erklärung, warum meine Beschwerden nach der ersten Bauchspiegelung kein Stückchen besser wurden.
Die zweite Operation wurde in einem zertifizierten Endometriosezentrum gemacht und ich habe den Unterschied deutlich gemerkt. Nicht nur, dass die Operation stationär durchgeführt wurde und ich eine ganz andere, viel umfangreichere Aufklärung über alles bekam, auch kam ich viel schlechter auf die Beine als nach der ersten Bauchspiegelung und spürte, dass sich dieses Mal in meinem Bauch ordentlich was getan hatte. Zum Glück konnte alles problemlos entfernt werden: Endometriose auf Blase, am Darm, im Douglasraum, am Bauchfell und einige Verwachsungen.
Leider folgte mit der zweiten Operation aber auch die weitere Diagnose Adenomyose, die schon vorher einige Male im Raum stand.
Aktuell bin ich noch in der „Wiederaufbau-Phase“ nach längerer Arbeitsunfähigkeit. Denn erst nachdem ich aufgrund zu häufiger Fehlzeiten meinen Job verloren hatte und die Ruhe hatte, die ich brauchte, merkte ich, dass ich eigentlich gar nicht mehr arbeitsfähig war und dringend eine längere Auszeit brauchte. Die habe ich mir genommen bis ungefähr sechs Wochen nach der zweiten Operation.
Wie geht dein Umfeld mit deiner Endometriose um?
Zum Glück bekomme ich bei all dem eine Menge Rückhalt und Unterstützung von meinem Freund, meiner Familie und Freunden.
Was möchtest du noch gerne einfach mal loswerden?
So ganz habe ich meinen Weg mit Adenomyose und Endometriose noch nicht gefunden, aber ich lerne jeden Tag dazu, was mir gut tut und helfen kann. Die Endometriose hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, achtsam mit sich selbst zu sein und auf seinen Körper zu hören. Und auch wenn sie mir sicher einige Beine im Leben stellt, über die ich stolpere, hat sie mein Leben auch um viele Erfahrungen und Menschen reicher gemacht, für die ich dankbar bin!
Danke Miriam!
Vielen Dank, liebe Miriam, dass du deinen Weg mit der Endometriose hier so offen mit uns geteilt hast. Damit gibst du dieser Krankheit ein weiteres Gesicht und trägst einen weiteren Teil zur Aufklärung darüber bei – danke dafür!
Wenn ihr eure Endometriose Geschichte auch gerne erzählen möchtet, dann lasst es mich einfach wissen. Egal, ob über das Kontaktformular oder Instagram!