Ich hoffe noch immer, dass es euch allen einigermaßen gut geht in diesen Zeiten. Um euch weiter ein wenig von der Gesamtsituation abzulenken, habe ich entschieden, dass es doch mal wieder Zeit für eine weitere Endometriose Geschichte ist. Heute erzählt euch die liebe Melanie von ihrem teilweise wirklich harten Weg.
Ganz kurz vorweg: Wer bist du eigentlich?
Hallo erstmal, ich bin Melanie, werde Anfang Mai 29 und bin ledig. Ich bin seit 2015 Single – kurz nach meiner Diagnose und ersten Bauchspiegelung. Ich wohne in der Schweiz, genauer in Zürich in einer Gemeinde direkt am Zürichsee. Mein Instagram Name ist melisvivet, was Melanies Leben bedeuten soll. Anfänglich wollte ich dort nur über Endometriose berichten, da ich gelernte Pflegefachfrau bin und mir das als wirklich sehr wichtig erschien. Ich musste aber leider feststellen, dass das nicht alle so cool fanden. Somit musste ich einen Mittelweg finden. Ich bin noch am überlegen, an welchen Tagen ich über Endometriose berichte, und am liebsten mit anderen Mädels – für den Algorithmus. Von mir findet ihr über Google und Youtube auch diverse Interviews. Falls die gerne jemand sehen oder lesen würde, könnt ihr mich gerne anschreiben. Außerdem habe ich eine Endometriose Gruppe bei Facebook und eine Homepage.
Nun zu deiner Endometriose Geschichte: Welche Symptome hattest du?
Ich weiß noch, dass meine erste Blutung mit 11 ½ Jahren nicht wirklich angenehm war und ich auch oft beim Schwimm- oder Turnunterricht nicht mitmachte. Ab 2007 war ich dann immer in einer Beziehung, die erste endete 2009 und 2010 entwickelte sich eine neue Beziehung mit einem neuen Partner. Anfangs war alles gut, ich hatte die Yasmin als Pille. Doch irgendwann war es so, dass ich sehr viel und oft Bauchschmerzen hatte. Ich hatte eine Magenspiegelung, die war unauffällig – soweit ich mich erinnern kann. Ich hatte ein CT, dort sah man wohl eine Zyste, aber da wurde nie was gemacht.
Irgendwann hatte ich einen Monat lang immer eine Blutung, trotz der Yasmin. Bei einer Untersuchung bei einem anderen Gyn sah man, dass ich eine Gebärmutterstenose (Verengung) hatte. Man zog mir dann schmerzhaft das Blut aus der Gebärmutter, ohne Betäubung. Dann hatte ich eigentlich Ruhe und bekam auch eine andere Pille – Yaz damals. Irgendwann wollte ich keine Tabletten mehr nehmen und bekam den Nuvaring und alles war gut, bis auf die immer bleibenden Bauchschmerzen. Ich weiß gar nicht mehr, ob die zyklusabhängig waren oder nicht.
Im Februar 2013, zwei Wochen nach dem Tod meines Großvaters, bekam ich eine prärenale Niereninsuffizienz und landete das erste Mal seit sechs Jahren wieder im Krankenhaus. Da begann dann langsam die Odyssee. Ich bekam Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, meine Menstruation war enorm stark, ich war immer kreideweiß und musste Eisen substituieren mit Infusionen.
Im November 2014 schickten meine Eltern mich ins Krankenhaus, weil ich während der Menstruation kaum noch Essen und trinken mochte und mein Bauch immer so angeschwollen war. Ich konnte auch während der Menstruation nicht stuhlen, ich war immer verstopft – ab und zu hatte ich aber auch mal Durchfall. Aber die Toilettengänge waren der Horror und Geschlechtsverkehr einfach unerträglich. Im Krankenhaus dann kam der Verdacht auf Endometriose. Im Dezember 2014, zwei Wochen nach der Untersuchung, in der der Verdacht aufkam, bekam ich die Operation und dort wurde tiefinfiltrierende Endometriose entdeckt. Ab dann begann die jährliche Krankenhaus-Odyssee erst richtig.
Wann und wie wurde deine Endometriose dann diagnostiziert?
Anhand meiner genauen Symptombeschreibung im Krankenhaus und der gynäkologischen Untersuchung wurde der Verdacht auf Endometriose gestellt und mit einer Bauchspiegelung wurde die Diagnose gefestigt. Die Diagnose war Dezember 2014 und wie lange es bis dahin gedauert hat? Huii, also ich weiß meine ersten Symptome nicht mehr. Für mich war es früher immer normal, Schmerzen bei der Menstruation zu haben. Aber mein operierender Arzt meinte, dass ich ungefähr fünf bis sechs Jahre schon die tiefinfiltrierende Endometriose hatte, trotz der Pille. Laut dem Arzt war ich kurz vor einem Nierenversagen.
Wie oft wurdest du schon operiert und wie war das?
Ich wurde bisher fünfmal operiert wegen der tiefinfiltrierenden Endometriose oder der Begleiterscheinungen der Endometriose.
Einmal wurde bei mir ambulant ein Vestibulum-Laser durchgeführt, da ich Vestibulitis, wiederkehrende Entzündungen am Scheideneingang, hatte.
Im Dezember 2014 war meine Diagnose und Therapie der Endometriose mit einer Laparoskopie und gleichzeitiger Konisation. Letztere wird gemacht, wenn der Pap-Abstrich auffällig ist und dann der Teil mit dem auffälligen Gewebe rausgeschnitten oder ausgeschabt wird.
Im Mai 2015 war ich im Krankenhaus wegen starken Menstruationsschmerzen. Dort bekam ich aber nur einen Ultraschall und Schmerztherapie.
Im Juni 2016 wurde meine Gallenblase wegen sehr vielen Gallensteinen durch einen Schnitt am Bauchnabel entfernt und auch die Endometriose saniert. Durch das schwere Heben in der Pflege hatte ich dann aber irgendwann einen kleinen Nabelbruch. Der wurde dann im Februar 2017 saniert. Da wurde dann auch gleich eine Endometriosesanierung mit Vestibulumlaser durchgeführt.
Im November 2019 hatte ich noch eine große fünfstündige Endometriosesanierung mit Vaginalnaht. Leider hatte ich zwei Tage nach Operationen einen Entzündungswert von über 320 und habe ständig erbrochen und erbrochen. Mein Bauch war hart und sehr druckschmerzhaft, im Ultraschall war Flüssigkeit zu sehen. Um auszuschließen, dass Organe bei der Operation verletzt wurden, wurde ein Notfall-CT gemacht. Dort kam heraus, dass ich einen kurzzeitigen Darmverschluss entwickelt hatte. Man hat mich dann bereits wieder nüchtern gesetzt, sodass ich für eine Not-Operation bereit wäre.
Ein paar Tage später entwickelte ich auch noch Ödeme, habe über elf Kilo Wasser eingelagert und musste dann wieder ausgeschwemmt werden. Das alles innerhalb von zehn Tagen. Ich konnte nicht mal meine weiteste Hose anziehen, die ging nicht zu. Drei Wochen später zuhause ging es mir auch nicht gut. Ich bekam Antibiotika und man sah, dass sich meine Vaginalnaht entzündet hatte und ich dadurch viel Wundwasser verlor. Meine Naht wuchs einfach nicht richtig zu, ich brauchte wieder Medikamente und durfte 13 ½ Wochen keinen Geschlechtsverkehr haben. Es ging mir lange wirklich nicht gut.
Wie ist deine Endometriose ausgeprägt? Wo sitzt oder saß sie?
Ich habe ziemlich ausgeprägte tiefinfiltrierende Endometriose. Meist saß sie am Septum Rectovaginal, im Douglasraum und am Harnleiter.
Bei der letzten Operation im November 2019 saß sie an Blase, Harnleiter, Eierstock, hinterer Gebärmutterwand, Becken beidseitig, Douglasraum, Septum Rectovaginale, Darm und vaginal.
Wie gehst du jetzt mit deiner Endometriose um?
Ich habe im Februar 2019, zwei Jahre nach der letzten Operation, den Wunsch verspürt, die Pille – damals Qlaira – abzusetzen, da ich so zu kämpfen hatte mit unreiner Haut, seit ich die Hormone und unter anderem auch die Hormonspirale Mirena ausprobiert hatte. Dann kam die Endometriose aber erst recht richtig heftig zum Vorschein. Solche Symptome, wie ich letztes Jahr hatte, hatte ich zuvor noch nie. Ich hatte unerträgliche Schmerzen während dem Urinieren, während der Periode. Auch Stuhlgang war wieder der Horror und Sex auch nicht mehr wirklich angenehm. Meine Blutungen waren teilweise sehr diffus – manchmal enorm stark, manchmal kaum vorhanden.
Ich habe versucht, das mit einer Naturheilpraktikerin in den Griff zu bekommen. Anfänglich ging das auch recht gut. Die ersten zwei oder drei Menstruationen waren ziemlich unspektakulär und ich konnte sogar die Menstruationstasse nutzen, bis das irgendwann aber leider auch nicht mehr ging und ich innerlich vaginal ein Ziehen und Druck verspürte.
Ich war auch drei Monate nach meiner letzten Operation hormonfrei, weil ich zusätzlich an Depressionen leide. Nun muss ich aber leider wieder Hormone nehmen – die Visanne.
Mein Weg war sehr lang und hart. Ich spreche sehr offen und viel über meine Erkrankung, seit der Diagnose. Das hilft mir sehr. Nun gehe ich auch zu einer Beckenbodenphysio und zu einer Gynopsychiaterin, einer speziell ausgebildeten Psychiaterin mit Schwerpunkt Sexualität und gynäkologische Krankheiten – das hilft mir enorm. Auch gehe ich mindestens alle zwei Wochen zu meiner Naturheilpraktikerin, was aber ja nun wegen Corona leider nicht möglich ist. Ich habe auch den Tipp beim Toilettengang einen Hocker unter die Füße zu stellen, das entspannt. Ich verbringe halt manchmal auch lange Zeit auf dem WC.
Dann ein weiterer Tipp: Schreibt vielleicht einen Brief an die eigene Endometriose, um alles loszuwerden oder bloggt darüber. Aber wichtig ist, dass man nicht zu viel über Endometriose spricht und sie nicht als Hauptbestandteil seines Lebens sieht, auch wenn sie uns oder die meisten von uns tagtäglich beschäftigt. Sie darf nicht überhand nehmen, sonst fixiert sich das Gehirn nur noch auf die Endometriose und jede kleine Beschwerde. Aber da muss jeder selber sein gesundes Maß finden. Zudem hilft mir aktuell Hula Hoop als Bauchmassage und Becken- und Bauchtraining. Auch viel trinken und bewegen, schauen, dass wenn möglich täglich Stuhlgang abgesetzt werden kann. Gesunde oder besser ausgewogene, nicht zu zuckerreiche Ernährung und auch nicht zu viel Fleisch, da entzündungsfördernd, helfen mir.
Wie geht dein Umfeld mit deiner Endometriose um?
Das Umfeld hat leider nicht immer Verständnis. Oft muss ich mir sowas anhören wie „hör mal auf mit deiner Endometriose, du musst positiver denken“, „nimm das, oder das, vielleicht hilft dir das was“, „denk nicht so viel an Endometriose“, „immer bist du müde“, „immer hast du Schmerzen“, „ich dachte deine Endometriose ist jetzt nach der Operation geheilt“, „musst du halt schwanger werden, habe gehört nach einer Schwangerschaft hat man dann Ruhe“, „du musst eine andere Einstellung zum Leben entwickeln, ich denke das und dies könnte dazu geführt haben. Ich denke auch, dass ich Endometriose haben könnte, aber seit ich meine Einstellung geändert habe und mir sage, nein ich habe das nicht, habe ich auch weniger Beschwerden. Lebe glücklicher“, “ Musst du dir halt die Gebärmutter entfernen lassen, Kinderwunsch abschließen, auch wenn du noch keine hast, schau dir mal an was auf der Welt abgeht“. Ja, sehr viele nette und hilfreiche Kommentare.
Nein… also die männlichen Wesen haben eindeutig mehr Probleme damit und wollen möglichst wenig davon hören. Frauen sind teilweise aber leider auch nur etwa ¼ verständnisvoll, daher grenze ich mich aktuell auch eher von meinem eigentlichen Umfeld ab. Für meine Mutter scheint das ganze am schlimmsten, sie hat mich bei jeder Operation begleitet und jedes Mal die Angst von vorne mitgemacht. Im November 2019 drehte sie beinahe durch, weil sie etwas zehn Stunden nichts von mir hörte und auch die Pflege nur immer wieder sagte, ich sei noch im OP. Auch die heftigen Komplikationen danach, wo ich gefühlt dem Tode nahe war, beschäftigen sie bis heute. Das erzählt sie immer wieder, auch ihrer Psychiaterin. Mir helfen die Gynopsychiaterin, meine Beckenbodenphysio und Leidensgenossinnen. Auch meine ehemaligen Ärzte und Ärztinnen, ich arbeite nun auch zu einem kleinen Prozentanteil in einer gynäkologischen Praxis.
Was würdest du jemandem mitgeben, der kurz vor seiner Operation steht oder frisch diagnostiziert wurde?
Augen zu und durch. Nein, aber wichtig ist, dass man sich einen Spezialisten sucht, der auf Endometriose spezialisiert ist und sich wirklich damit auskennt. Man soll sich wohlfühlen in den Händen des Arztes oder der Ärztin und vollstes Vertrauen haben können. Leider ist die endgültige Diagnose nur über eine Bauchspiegelung / Laparoskopie feststellbar, denn dort wird Gewebe entnommen und dann durch einen Pathologen angeschaut und diagnostiziert, ob das Gewebe einer Endometriose entspricht.
Als sehr wichtig erachte ich eine gute Nachbetreuung mit Beckenbodenphysiotherapie, eventuell auch psychologische oder psychiatrischee Therapie, um die Operationen und die Diagnose zu verarbeiten. Denn im Unterbewusstsein kann echt viel passieren, was auch später sehr belasten kann. Das habe ich bei mir selber gemerkt, leider erst nach drei Bauchspiegelungen. Außerdem ist auch wichtig, dass man regelmäßig zur Kontrolle geht, um die Therapien zu besprechen und gegebenenfalls anzupassen – bei mir alle drei bis sechs Monate.
Was möchtest du noch gerne einfach mal loswerden?
Ich habe wirklich Mühe einen Partner zu finden, das ist etwas, was mich am meisten beschäftigt. Aber vielleicht bin ich auch einfach noch gar nicht bereit dazu und habe noch zu viel zu verarbeiten. Aber ich möchte auch nicht meinen vielleicht neuen Partner dann damit vollquatschen und volljammern. Und irgendwie gibt es von den fünf letzten Jahren meines Lebens beinahe nur dieses Thema, weil ich kaum etwas anderes erlebt habe als Operationen und Ärzte.
Ich wünsche mir einfach, dass die Endometriose endlich auch von allen anerkannt wird, so wie Erkrankungen wie Brustkrebs, Prostatakrebs und vieles mehr. Denn Endometriose ist genauso häufig wie solche Erkrankungen. Ich habe daher in der Schweiz noch einiges geplant. Das kann ich jetzt hier aber noch nicht groß erwähnen, weil ich die Befürchtung habe, es könnte mir jemand zuvorkommen und meine Ideen klauen. Ich bin aber sehr dankbar über meine Endometriosevereinigung Schweiz und die Gruppe, die ich dazu habe. Denn ich wurde schon von vielen Frauen geehrt und viele haben sich bei mir bedankt für all das, was ich tue. Und das gibt mir seit eh und je Kraft und Energie, diese Krankheit durchzustehen – auch ohne Partner.
Danke Melanie!
Vielen Dank liebe Melanie, dass du deine Endometriose Geschichte mit uns geteilt hast. Ebenfalls geht ein riesiges Dankeschön raus an dich dafür, dass du so viel für die Aufklärung über die Endometriose tust, sogar eigene Gruppen hast und einfach unglaublich viel beiträgst!
Wenn ihr eure Endometriose Geschichte auch gerne erzählen möchtet, dann lasst es mich einfach wissen – egal, ob über das Kontaktformular oder Instagram!
Hallo Melanie,
Mir wurde mal gesagt, ich solle doch einfach nur fest genug daran glauben dann würde es mir auch wesentlich besser gehen. Ich würde mit meinen Gedanken die Krankheit hervorrufen. Ich kann es immer noch nicht fassen was man sich alles anhören darf.
Wow, es ist echt immer wieder schockierend, was man sich alles anhören muss…
Hallo liebe Lea, ich wollte dich fragen, wo du dich hast operieren lassen? Ich hab das Gefühl, einige kennen zwar Endometriose, aber nicht alle sind gute Operateur der tiefinfiltrierenden, bzw. wenn dann auch echt Nerven mit ins Spiel kommen. Da wäre ich dir echt dankbar! Lieben Gruß Tanja