Kristins Endometriose Geschichte

Kristins Endometriose Geschichte

„Ende 2017 zeigte mein Körper mir dann, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Ich hatte plötzlich so starke Schmerzen, dass ich mich teilweise ohne Hilfe einfach gar nicht mehr bewegen konnte…“

Kristins Endometriose Geschichte

Stell dich doch vorab einmal kurz vor!

Hey, meine Name ist Kristin und ich bin 31 Jahre alt. Ich lebe mit meinem Freund zusammen in Osnabrück und arbeite als Sozialarbeiterin in einer Gerontopsychiatrie – das ist eine Psychiatrie für ältere Menschen. Vor dem Studium habe ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht und drei Jahre im OP gearbeitet. Aufgrund einer allergischen Hautreaktion(eventuell auch ein Symptom der Endometriose?!), musste ich umschulen und wurde so Sozialarbeiterin. Im Endeffekt das Beste, was mir passieren konnte. Auf Instagram nenne ich mich krissi_tiin und berichte da ab und zu von meinem Leben und vom Reisen.

Nun zu deiner Endometriose Geschichte: Welche Symptome hattest du?

Als Teenager bekam ich, wie fast alle meine Freundinnen, meine Periode mit 13 und mein damaliger Frauenarzt verschrieb mir die Antibabypille als ich gerade 15 wurde. Damals hatte ich noch keine offensichtlichen Symptome. Wenn ich an die Zeit zurückdenke, fingen die ersten Symptome eigentlich mit dem Wechsel meiner Pille im Jahr 2012 an. Ich bekam plötzlich jeden Monat, mindestens einmal, rechtsseitige Migräne, die immer drei Tage angehalten hat. Aufgrund dieser Probleme habe ich mit meiner neuen Frauenärztin besprochen, die Pille im Februar 2016 abzusetzen. Nach dem Absetzen der Pille hatte ich dann so gut wie jeden Monat circa 14 Tage meine Periode. 

Dann kam das Jahr 2017. Im März nahm mein Vater sich aufgrund einer schweren Depression das Leben, ich landete im Juni aufgrund von sehr starke Unterleibsschmerzen in der Notaufnahme – hier wurde ich ohne Befund wieder entlassen. Dann dachte ich mir, meine Bachelorarbeit schreibe ich nochmal so nebenbei und fing dann im November mein Berufsanerkennungsjahr in der Psychiatrie als Sozialarbeiterin an. Nebenbei arbeitete ich noch im Kino, da es ja noch nicht genug war. Ich dachte, ich schaffe das schon alles. Außerdem zog mein Freund dann noch aufgrund eines Jobs nach Hamburg und so mussten wir auch noch eine Fernbeziehung führen.

Ich dachte bis zu diesem Zeitpunkt, dass ich das mit meinem Vater soweit man es konnte, gut verarbeitet habe.

Ende 2017 zeigte mein Körper mir dann, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Ich hatte plötzlich so starke Schmerzen im rechten Gesäß und Unterbauch/Leiste, dass ich mich teilweise ohne Hilfe nicht mehr bewegen konnte. Ich lag auf dem Boden vor Schmerzen und kam alleine nicht mehr hoch. Es wurde daraufhin ein MRT gemacht und ich bekam die Diagnose undifferenzierte Sakroilitis, ich bekam Cortison für acht Wochen, was auch tatsächlich geholfen hat, bis ich es wieder abgesetzt habe. Die Schmerzen waren genauso da, wie am Anfang. Ich habe danach einen Ärztemarathon gestartet, Orthopäd*innen, Gynäkolog*innen, Rheumatolog*innen, ich habe mich sogar drei Tage in eine orthopädische Klinik in Bremen einweisen lassen zur  Abklärung der Schmerzen. Ich bekam Cortison in meinen unteren Rücken gespritzt, was auch für ungefähr drei Wochen eine Wirkung zeigte, danach fing wieder alles von vorne an.

Die einzige Lösung die alle Ärzt*innen für mich hatten: Nehmen Sie weiter Ibuprofen 600  bis zu drei Mal am Tag, wahrscheinlich haben sie Rheuma! Rezepte gab jeder Arzt gerne raus – also nahm ich bis heute so gut wie jeden Tag Ibuprofen, um weiter zu funktionieren… 

Wann und wie wurde deine Endometriose dann diagnostiziert?

Da mir die letzten dreieinhalb Jahre (Mitte 2017) keine Ärzt*innen weiterhelfen konnte, begab ich mich irgendwann selber auf Spurensuche. Ich habe viele Berichte und Bücher gelesen, habe Tests im Internet gemacht, habe Tagebücher über meine Beschwerden geschrieben und folgte Menschen auf Instagram mit Endometriose, bis ich irgendwann gemerkt habe: „Hey, irgendwie habe ich ähnliche Symptome.“

Daraufhin besuchte ich drei verschiedene Gynäkologen, die mir wirklich keine große Hilfe waren und mich auch nicht ernst genommen haben. Zwischenzeitlich dachte ich schon selbst, ich bilde mir das alles nur ein oder ich habe wirklich Rheuma und will es nur nicht wahrhaben. 

Aber nein, ich blieb hartnäckig und wollte wissen, was mit mir los ist. Ich wusste die ganze Zeit, dass mein Bauchgefühl sich nicht täuscht. Also machte ich einen Termin bei meiner alten FÄ in Münster – die nahm mich bislang immer ernst – und besprach alles mit ihr. Sie nahm mich nach all den anderen Versuchen auch wirklich endlich ernst und konnte mir auch sofort eine super Praxis für ambulante Operationen empfehlen. Dort machte ich mir dann einen Termin und ich muss sagen, ich habe mich noch nie ernster genommen gefühlt, als bei dem Gespräch in dieser Frauenklinik. Im Oktober 2020 wurde ich dann per Laparaskopie operiert.

Wie oft wurdest du schon operiert und wie war das?

Ich wurde bereits einmal im  Oktober 2020 ambulant in Münster operiert. Mein Freund hat mich dann mit dem Auto abgeholt. Ich war auf dem Weg zum Auto so sehr am zittern, dass ich kaum laufen konnte. Der  Weg von Münster nach Osnabrück fühlte sich ewig lang an. Ich musste mich irgendwann auf die Vorderbank legen, da mir schwindelig und schlecht zugleich war. Als wir endlich zu Hause waren, brachte mein Freund mich nach oben (wir wohnen auch noch im zweiten Stock) und ich legte mich direkt aufs Sofa. Ich hatte noch lange mit dem Gas zu kämpfen und Besuche danach waren sehr anstrengend. Aber im Großen und Ganzen ging es mir die Tage danach ganz okay. 

Wie ist deine Endometriose ausgeprägt? Wo sitzt oder saß sie?

Ich hatte das Glück, dass bei mir die Eierstöcke nicht befallen waren und alles frei durchlässig war. Allerdings wurden bei mir Endometrioseherde auf der Gebärmutter, auf der Blase, an beiden Harnleitern, an den rechten Bändern vom Gebärmutterhals zum Kreuzband (deshalb wahrscheinlich auch die undifferenzierte Sakroilitis), im Beckenraum und am rechten Zwerchfell entdeckt. Es wurden laut der Ärztin alle Herde entfernt, außer die Herde am Zwerchfell – das wäre zu gefährlich gewesen.

Wie gehst du jetzt mit deiner Endometriose um?

Ich nehme seit November 2018 die Endovelle mit dem Wirkstoff Dienogest 2 mg. Eigentlich bin ich kein großer Fan von Hormonen, aber ich wollte es ausprobieren, um meine jahrelange Schmerzen loszuwerden. Außerdem trinke ich noch die Goldene Milch nach Myra Snöflinga, was mir sehr gut hilft. Ich mache regelmäßig Yoga, versuche achtsamer zu leben und gehe zur Physiotherapie und zur Osteopathie. 

Da ich die Diagnose ja noch nicht so lange habe, probiere ich mich da gerade selbst noch etwas aus und versuche, eine richtigen Weg für mich zu finden.

Wie geht dein Umfeld mit deiner Endometriose um?

Ich bin einfach so unglaublich froh, meinen Freund an meiner Seite zu haben. Er ist mir wirklich eine große Hilfe und ich sage ihm immer wieder, dass ich froh bin, dass er immer noch bei mir ist… Bei meinen ganzen „Wehwehchen“ ist es ja nicht für jeden selbstverständlich, immer noch da zu sein. Deshalb bin ich so dankbar! Trotzdem versuche ich, ihm nicht immer die Ohren voll zu heulen. Damit er nicht immer die volle Ladung abbekommt, spreche ich auch mit meinen beste Freundinnen, die oft fragen, wie es mir geht oder mit meiner Familie, vor allem mit meinen beiden Schwestern – dort finde ich oft auch ein offenes Ohr. Ich glaube, das hilft auch immer ganz gut. 

Außerdem gibt es da noch eine Arbeitskollegin, die auch an Endometriose erkrankt ist. Mit ihr tausche ich mich auch des Öfteren aus, sowas tut auch immer gut. Allerdings wissen viele auch gar nicht, was diese Erkrankung eigentlich bedeutet. Da müsste eigentlich noch viel mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. In Zukunft habe ich mir vorgenommen, auch psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Was würdest du jemandem mitgeben, der kurz vor seiner Operation steht oder frisch diagnostiziert wurde?

Egal, was dabei rumkommt, du hast danach Klarheit. Nimm dir nach der Operation die Zeit, die du brauchst. Am Besten sogar noch mehr, als du denkst, und gehe nicht sofort wieder arbeiten. Gönne deinem Körper eine Pause!

Besorge dir vor der Operation auf jeden Fall frische Pflaster und viel leckeres gesundes Essen! 🙂

Was möchtest du noch gerne einfach mal loswerden?

Auch wenn die Erkrankung immer mehr in den Vordergrund rückt, sollte noch viel mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. Viele Frauen haben einen so langen Leidensweg und wissen erst viel zu spät, was in ihrem Körper los ist. 

Es sollte ein Netzwerk zwischen den Ärzten aufgebaut werden, was die Frauen in die richtige Richtung lenkt. Ich bin dankbar, dass es euch Influencer gibt, die Aufklärungsarbeit leisten. DANKE! 

Man sollte niemals aufgeben und immer auf sein Bauchgefühl hören!

Danke Kristin!

Vielen vielen Dank, liebe Kristin, dass du so mutig warst, deine Endometriose Geschichte und auch einen Teil deiner ganz persönlichen Geschichte hier so offen mit uns zu teilen. Damit leistest du einen weiteren, so wertvollen Beitrag zur Aufklärung über die Endometriose und gibst der Krankheit ein weiteres Gesicht – danke dafür!

Wenn ihr eure Endometriose Geschichte auch gerne erzählen möchtet, dann lasst es mich einfach wissen. Egal, ob über das Kontaktformular oder Instagram!

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