Stell dich doch vorab einmal kurz vor!
Hi, ich bin Gina-Marie, 23 Jahre alt und lebe mit meinem Freund und unserem Hund Nala in der Nähe von Bielefeld. Ich bin erst seit Januar auf Instagram unter dem Namen endo_motion unterwegs, um mein Leben mit der Endometriose zu teilen und dadurch für mehr Aufklärung zu sorgen. Ich studiere soziale Arbeit an der Fachhochschule in Bielefeld und arbeite nebenbei bei einer Immobilienfirma. In einem Jahr bin ich mit dem Studium fertig und fange dann mein Anerkennungsjahr an.
Nun zu deiner Endometriose Geschichte: Welche Symptome hattest du?
Alles begann, als ich mit 13 meine Periode bekommen habe. Ich hatte immer extreme Unterleibsschmerzen, bin regelmäßig umgefallen und/oder musste mich übergeben. An Schule war in den Tagen während meiner Periode nicht zu denken. Also fehlte ich jeden Monat für ein paar Tage.
Die Unterleibsschmerzen begleiten mich also nun seit zehn Jahren und kein Ende ist in Sicht. Außerdem hatte ich zwischendurch immer mal einen extrem dicken Bauch und ich konnte nie zuordnen, woher er kam. Zwischenzeitlich dachte ich, ich wäre schwanger, einfach weil der Bauch danach aussah! Naja, nun weiß ich wenigstens, dass es der „Endobelly“ ist und ein weiteres Symptom der Endometriose.
Im Laufe der Jahre wurde Reizdarm als Verdacht geäußert, allerdings nie diagnostiziert, da bei den Untersuchungen nichts Auffälliges gefunden wurde. Die Darmbeschwerden habe ich mittlerweile ganz gut in den Griff bekommen. Das war aber sehr lange wirklich grausam und hat höllische Schmerzen verursacht. Jeder Toilettengang war eine Qual. Seit einiger Zeit leide ich aufgrund der Endometriose unter extremer Erschöpfung. Darunter leide ich momentan sehr, denn an vielen Tagen ist es mir schon zu viel, einkaufen zu gehen, Pakete wegzubringen oder Wäsche zu waschen.
Wann und wie wurde deine Endometriose dann diagnostiziert?
Von meinem Frauenarzt musste ich mir damals immer anhören, dass Schmerzen während der Periode normal sind, dass manche Frauen nun mal stärke Schmerzen hätten und ich ja eine andere Pille probieren könnte. Die habe ich übrigens auch schon mit 14 verschrieben bekommen.
Als ich ausgezogen und auch dort regelmäßig vor Schmerzen umgekippt bin, hat meine Mutter sich sehr schnell große Sorgen gemacht, dass ich irgendwo mit dem Kopf gegen knallen könnte und dann dort liegen würde… Ende 2018 wollte meine Mutter gemeinsam mit mir zum Frauenarzt gehen, um erneut über die extremen Schmerzen zu reden und das sie eben nicht normal sein können.
Zu dem Zeitpunkt hatte meine Mutter bereits viel gelesen und war auf die Krankheit Endometriose gestoßen. Sie äußerte den Verdacht gegenüber meinem Frauenarzt, dieser war aber der Auffassung, dass es das nicht sein kann. Meine Mutter bestand Gott sein Dank auf eine Überweisung in eine Klinik zur Bauchspiegelung, wo ich kurze Zeit später einen Termin bekam. Und siehe da, Anfang 2019 bekam ich eine Bauchspiegelung und es wurden ganz viele Endometriose Herde gefunden. Hätte meine Mutter damals nicht darauf bestanden, hätte ich vielleicht heute nicht mal die Diagnose.
Wie oft wurdest du schon operiert und wie war das?
Bislang wurde ich zum Glück erst einmal operiert und blieb für zwei Nächte im Krankenhaus. Ich war zu dem Zeitpunkt in einem normalen Krankenhaus, mein Frauenarzt hatte mir den Arzt dort empfohlen. Ich kann mich noch erinnern, dass ich die Narkose nicht vertragen habe und mich nach dem Aufwachen erst mal übergeben musste. Zudem hatte ich unfassbare Schmerzen im gesamten Bauch.
Das Schlimmste für mich war aber, als ich das erste Mal (groß) auf Toilette musste. Das waren vielleicht Schmerzen… Und mein Bauch war wegen des ganzen Gases soooo aufgebläht, oh weia! Da ich Krankenhäuser überhaupt nicht mag, habe ich mich dann selbst entlassen. Ich bin für die erste Nacht zurück zu meiner Mutter, damit ich nicht unbeaufsichtigt bin. Als ich wieder in meiner Wohnung war, konnte ich nur das Nötigste erledigen und für beispielsweise Wäsche aufhängen musste meine Mutter zu mir kommen. Ich glaube aber, nach zwei bis drei Wochen wurde das alles wieder besser und ich konnte immer mehr wieder selbst erledigen.
Wie ist deine Endometriose ausgeprägt? Wo sitzt oder saß sie?
Die Herde waren überall verteilt, viel Gewebe wurde infiltriert und besonders viel am Darm und auch im tiefsten Teil des Beckens.
Wie gehst du jetzt mit deiner Endometriose um?
Nach der Operation und der Diagnose war das Thema erst mal für mich beendet. Meine Gedanken waren ungefähr so: „Jetzt ist ja alles entfernt, ich werde also keine Schmerzen mehr haben. Nehme ich nun die Pille auch noch komplett durch, bekomme ich nicht mal meine Periode. Ist doch super“. Das Ganze hielt dann aber nicht einmal ein ganzes Jahr und die ersten Beschwerden gingen wieder los. Reizdarm, Unterleibsschmerzen, vermehrt Kopfschmerzen, schneller und häufiger erschöpft…
Als ich mich dann immer mehr mit dem Thema Endometriose auseinandergesetzt habe, hat es irgendwann „Klick“ gemacht. Mir wurde klar, was das alles wirklich bedeutet und dass ich nicht geheilt bin. Am wichtigsten war es mir, die Pille abzusetzen. Ich wollte sie sowieso seit längerer Zeit schon nicht mehr nehmen, habe sie letztlich auch nur „für“ die Endometriose weiter genommen.
Als ich dann begriff, dass sie bei mir scheinbar nicht den gewünschten Effekt brachte, war mir klar, dass ich sie absetzen werde. Da meine Frauenärztin und die Ärzte in dem Krankenhaus, wo ich operiert wurde, dagegen waren, die Pille abzusetzen, suchte ich nach einer Ärztin, die nicht dagegen ist. Ich vereinbarte einen Termin in einem Endometriose Zentrum und besprach mit der Ärztin dort, dass ich die Hormontherapie (sprich durchgehend die Pille zu nehmen) abbreche.
Seit dem Absetzen geht es mir psychisch auf jeden Fall besser. Meine bislang einzige Periode war heftig und ich habe zwischendurch immer mal Schmerzattacken und bin erschöpft. Die Schmerzattacken sind durch das Absetzen nicht häufiger geworden. Also würde ich sagen, dass es mir im Großen und Ganzen definitiv besser ohne Pille geht, da die Psyche eine große und wichtige Rolle dabei spielt. Bei Schmerzen helfen mir immer ganz viel Wärme und Ausruhen. Leider muss ich immer wieder auf hochdosierte Schmerzmittel zurückgreifen, weil ich ansonsten wieder umkippe und/oder mich übergebe, mich vor Schmerzen krümme und nur noch laut am Weinen bin.
Meine Frauenärztin, die Ärzte in dem Krankenhaus und die Ärztin in dem Endometriose Zentrum sagten mir alle, dass meine Endometriose wohl wiedergekommen ist und jetzt weiter wächst. Die einzige Möglichkeit wäre eine Operation. Das kommt für mich aber erst mal nicht in Frage, solange die Symptome und Schmerzen noch irgendwie mit Hilfsmitteln auszuhalten sind. Aktuell nehme ich also nichts, womit ich die Endometriose eventuell in Schach halten könnte.
Wie geht dein Umfeld mit deiner Endometriose um?
Ich bin sehr glücklich, dass mein Freund, meine Familie und meine engsten Freunde viel Verständnis für mich und meine Situation zeigen. Ich denke nicht, dass es für sie leicht ist, aber sie geben immer ihr Bestes, meist sogar mehr als das. Besonders hervorheben kann ich an dieser Stelle meinen Freund. Er geht für uns einkaufen, wenn ich nicht in der Lage dazu bin. Er steht für mich auf, egal, zu welcher Tageszeit, und bringt mir, was ich brauche. Wenn ich einen schlechten Tag habe und es nur schaffe, die Spülmaschine auszuräumen, kommt er von der Arbeit und sagt: „Freu dich doch, dass du geschafft hast, die Spülmaschine auszuräumen. Das ist doch viel wert!“
Was würdest du jemandem mitgeben, der kurz vor seiner Operation steht oder frisch diagnostiziert wurde?
Anderen Betroffenen möchte ich raten, immer offen über die Krankheit sowie die eigenen Sorgen, Ängste und Probleme zu sprechen. Man trifft im persönlichen Umfeld auf mehr Verständnis, als man vielleicht von Ärzten gewohnt ist!
Was möchtest du noch gerne einfach mal loswerden?
Mein größter Wunsch ist es, meine kleine Familie zu vergrößern. An den meisten Tagen bin ich auch sehr zuversichtlich, dass wir das eines Tages hinbekommen. Es spielt keine Rolle, wann es passiert, denn wir wären immer bereit, unser erstes Wunder zu bekommen.
Danke, Gina-Marie!
Vielen vielen Dank, liebe Gina-Marie, dass du hier so offen und ehrlich über deinen Weg mit der Endometriose erzählst, damit dieser Krankheit ein weiteres Gesicht gibst und einen weiteren Teil zur Aufklärung über die Endometriose beiträgst!
Wenn ihr eure Endometriose Geschichte auch gerne erzählen möchtet, dann lasst es mich einfach wissen. Egal, ob über das Kontaktformular oder Instagram!