Stell dich doch vorab einmal kurz vor!
Ich bin Ella, bin 23 Jahre alt, Ergotherapeutin und wohne im wunderschönen Rheinland. Auf Instagram bin ich auch als @meandmybrain bekannt.
Welche Symptome hattest du?
Ich habe mit ungefähr 13 meine erste Periode bekommen. Ich erinnere mich noch daran, dass der Tag meiner ersten Periode einer der wenigen Tage in meiner gesamten schulischen Laufbahn war, an dem ich mich habe abholen lassen – ich hatte nämlich solche Bauchschmerzen. Zu Hause klärte sich dann schnell auf, warum. Meine Mutter tröstete mich, dass sie auch ewig Schmerzen während ihrer Periode hatte, und bot mir eine Schmerztablette an. Über die Jahre gingen die Schmerzen nicht weg. Für mich war das normal, weil Schmerzen ja dazugehörten. An drei bis vier Tagen im Monat nahm ich deswegen ein bis zwei Schmerztabletten pro Tag. Irgendwann hatte ich die dann immer in meiner Schultasche mit. Nach wie vor fand ich das alles normal.
2018 probierte ich dann zum ersten Mal eine Pille aus – in der Hoffnung, dass es mir damit besser gehen würde. Da das kein bisschen der Fall war, setzte ich sie ab. Damit begannen die Probleme dann richtig. Ein paar Monate später (im Dezember 2019) war ich gerade in einem Praktikum meiner Ausbildung, als mich starke Schmerzen heimsuchten. Dazu hatte ich andauernd das Gefühl, dass meine Blase voll war. Komischerweise war sie das aber nie. Wie immer warf ich mir Schmerztabletten ein.
Mit den Jahren hatte ich mich von ein bis zwei auf drei bis vier am Tag gesteigert. In diesem Monat nahm ich aber fünf Tage lang sechs Tabletten am Tag – die doppelte Maximaldosis. Schmerzen hatte ich trotzdem noch. Tag für Tag redete ich mir ein, dass es ja nur vorübergehend so viele Tabletten seien und das ja nicht schaden würde. Am vierten Tag sprach mich meine Anleiterin an, dass ich sehr blass aussehen würde und schickte mich nach Hause. Das war der Punkt, an dem mir klar wurde, dass das gerade nicht mehr normal ist. Für den nächsten Tag nahm ich mir vor, zum Frauenarzt zu gehen.
Wann und Wie wurde deine Endometriose diagnostiziert?
Mit meinen Beschwerden – also extremen Schmerzen, Abgeschlagenheit, Blässe und Schmerzmittelüberdosierung – ging ich zu meiner damaligen Frauenärztin. Ich erzählte ihr, dass sich das nicht mehr normal anfühlt und weinte vor Schmerzen sogar los. Zu hören bekam ich: „Daran sind sie selbst schuld, wenn sie die Pille abgesetzt haben. Ich kann da leider nichts machen außer ihnen wieder die Pille zu verschreiben.“ Verzweifelt versuchte ich ihr zu erklären, dass das für mich nicht in Frage kam. Ich hatte zuletzt noch eine schwere Depression entwickelt. Wahrscheinlich auch als Folge der Pille. Nach einer fünfminütigen Diskussion erklärte sie sich dazu bereit, einen Ultraschall zu machen. Als darauf nichts zu sehen war, verschrieb sie mir wieder die Pille und riet mir, weniger Schmerzmittel zu nehmen.
Also versuchte ich mich die nächsten Monate zusammenzureißen. Bis ich dann bei meinen Eltern war, als ich meine Periode bekam, und kaum noch vom Sofa aufstehen konnte, weil ich solche massiven Schmerzen hatte. Meine Mutter organisierte mir daraufhin einen Notfalltermin bei einer befreundeten Frauenärztin. Schon nachdem ich zwei Sätze gesagt hatte, unterbrach sie mich und sagte: „Das klingt für mich ziemlich eindeutig, als hätten Sie Endometriose.“ Sie machte sofort einen Ultraschall und sah dabei aber auch keine Auffälligkeiten. Erleichtert und gleichzeitig betrübt verließ ich mit meinem ersten Rezept für die Zafrilla die Praxis. Eine Operation kam für mich erstmal nicht in Frage. Ich wollte erst die Pille ausprobieren. Mit dieser kam ich auch erstmal ganz gut klar. Als die Beschwerden dann aber doch langsam wiederkamen, entschied ich mich, mich in einem Endometriosezentrum vorzustellen. Hier sah man erstmalig auch eine Adenomyose im Ultraschall. Für Oktober 2020 wurde dann die Laparoskopie geplant.
Wie oft wurdest du schon operiert und wie war das?
Meine erste und bis jetzt einzige Operation fand im Oktober 2020 statt. Ich hatte mich entschieden, mich in dem Endometriosezentrum, in dem ich zuvor gewesen war, stationär operieren zu lassen. Am Tag der Operation fuhr ich morgens ins Krankenhaus, wo ich zuerst auf einer Aufnahmestation aufgenommen wurde und meine Sachen abschließen konnte. Ich bekam meine OP-Kleidung inklusive Thrombosestrümpfe und sollte die Beruhigungstablette nehmen.
Da ich aber etwas zu früh gekommen war, schlief ich davon erstmal ein, bis ich nach zwei Stunden abgeholt und in den OP gefahren wurde. Daran habe ich (logischerweise) keine Erinnerung mehr. Meine Erinnerung beginnt wieder im Aufwachraum. Ich hatte starke Schmerzen und fragte nach Schmerzmitteln. Daraufhin hörte ich den Kommentar einer Schwester, dass bei mir doch kaum was gemacht wurde und ich eigentlich keine Schmerzen haben könnte. Eine meiner ersten Bewegungen ging zum Bauch. Ohne Brille fühlte ich mich blind, aber ich konnte doch fühlen, dass da nur zwei Pflaster waren. Warum nur zwei? Und warum hatte ich keine Drainage?
Wie ist deine Endometriose ausgeprägt?
Darüber machte ich mir den Rest des Tages Gedanken, bis abends ein Arzt zu mir kam, um mir mitzuteilen, dass man im Bauchraum keine Herde gefunden habe und ich glücklich sein könnte, weil ich ja nur eine Adenomyose habe. Dementsprechend wollte man mich am nächsten Tag auch wieder entlassen. Am nächsten Tag verließ ich die Klinik also wieder und wusste, dass ich „nur“ Adenomyose habe. Meine Gefühlswelt war ein absolutes Chaos. Freude, dass es anscheinend eine leichte Operation war, ich mir keine Sorgen um erneute Operationen in der Zukunft machen muss und Trauer, dass die trotzdem vorhandene Adenomyose so runtergespielt wurde und ich ohne Hilfe dastand.
Außer den Herden in der Gebärmutter hatte man bei mir gar nichts gefunden.
Wie gehst du jetzt mit deiner Endometriose um?
Seitdem ich von meinem Verdacht weiß, bin ich viel auf Instagram unterwegs gewesen, um mir Tipps und Infos von anderen Betroffenen zu holen. Ich habe lange die Zafrilla genommen, mit der es mir lange ganz in Ordnung ging und bin vor etwa neun Monaten auf die Mirena, die als „Goldstandard“ bei Adenomyose gilt, umgestiegen. Meine Erkrankung habe ich dadurch leider noch nicht in den Griff bekommen. Um trotzdem ein halbwegs normales Leben führen zu können, habe ich früh angefangen, zur Osteopathie zu gehen. Das hat mir immer geholfen, um Verspannungen im Bauch zu lösen. Auch eine Schmerztherapie habe ich irgendwann angefangen, weil die Schmerzen immer schlimmer wurden und sich schließlich chronifiziert haben.
Leider führt bei mir kein Weg mehr an Betäubungsmitteln vorbei, aber mit der Zeit habe ich gelernt, damit sparsam umzugehen, mehr Schmerzen zu ertragen und auch die Nebenwirkungen zu akzeptieren. Lieber bleibe ich den ganzen Tag zu Hause im Bett liegen und stehe nicht mehr auf, weil mir sonst zu schwindelig wird, als dass ich den ganzen Tag versuche rumzurennen und mich dabei aber eigentlich nur vor Schmerzen krümme. Ich habe mir mehrere „Zweitmeinungen“ eingeholt, weil ich es lange nicht akzeptieren konnte, dass ich eine isolierte Adenomyose habe, zu der es noch weniger Infos und Forschung gibt als zur Endometriose. Mittlerweile habe ich das für mich akzeptiert und versuche eher zu gucken, was mir guttut, als zu gucken, was die Wissenschaft für am besten hält. So ganz habe ich die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben, dass die Spirale bei mir noch anschlägt.
Auch wenn ich noch sehr jung bin und gerade erst ins Berufsleben einsteige, mache ich mir oft Gedanken darüber, wie das wohl mit dem Kinderwunsch bei mir wird. Ich weiß, dass ich unbedingt Kinder möchte, habe aber die Angst, dass mir die Adenomyose da einen Strich durch die Rechnung machen wird.
Wie geht dein Umfeld mit deiner Endometriose um?
Ich habe das Glück, ein sehr verständnisvolles Umfeld zu haben. Meine Freundinnen unterstützen mich so gut sie können und nehmen meine Situation häufig mit Humor, was mir auch im Umgang mit der Situation hilft. Außerdem habe ich ein paar Freundinnen, die selbst chronisch krank sind und mich da sehr gut verstehen und bei denen ich mich auch „ausheulen“ kann.
Für meine Eltern und Familie ist es natürlich schwer, mich so leiden zu sehen, aber sie versuchen trotzdem immer mich zu unterstützen und sind für mich da und nehmen mir gelegentlich organisatorische Dinge ab, wenn mir das ganze „Krankheitsmanagement“ über den Kopf wächst. Glücklicherweise geht es mir jetzt aber schon viel besser als noch vor zwei Jahren.
Was würdest du jemanden mitgeben, der kurz vor seiner Operation steht oder frisch diagnostiziert wurde?
Mein wichtigster Tipp ist, und der gilt auch für alles, was nicht die Endometriose betrifft: Hör immer auf dein Bauchgefühl.
Wenn du dich bei einem Arzt nicht gut gefühlt hast, obwohl er Endometriosespezialist war und es eigentlich am besten wissen sollte, dann musst du da nicht weiter hingehen.
Wenn du dich in dem Krankenhaus nicht wohlfühlst, wo du operiert werden sollst, dann kannst du auch immer noch das Krankenhaus wechseln.
Wenn du das Gefühl hast, dass dir die Behandlung nicht guttut, sie aber gerade die einzige Option für dich darstellt, dann hör damit auf.
Es gibt immer, wirklich immer Wege und Lösungen. Und du bist diejenige, die sich wohlfühlen muss. Es geht nicht um die anderen.
Was möchtest du noch gerne einfach mal loswerden?
Ich habe letzte Woche die Ablehnung für die Verschlechterung meines Schwerbehindertenausweises bekommen. Darauf steht: „Die daneben bestehenden Gesundheitsstörungen erreichen jeweils keinen Einzel-GdB und sind für die Bildung des GdB ohne Bedeutung: Gebärmutterleiden…“
Ernsthaft? Gebärmutterleiden? Ich dachte wir sind im 21. Jahrhundert angekommen und Endometriose ist mittlerweile als Krankheit anerkannt.
Diese Bezeichnung hat mich einfach nur wütend gemacht und enttäuscht, weil sie ziemlich herablassend ist. Leider ist es bei Endometriose normal, dass Beschwerden abgetan und als nicht schlimm interpretiert werden. Ich meine sorry, ich nehme Betäubungsmittel. Und nicht etwa, weil ich mich so gerne abschieße. Nein, weil ich verdammt nochmal Schmerzen habe. Und dafür hätte ich auch gerne Anerkennung. Aber nur, weil da irgendein Gutachter, der seit Jahren keine Patienten mehr gesehen hat, sagt, dass das ja nur irgendeine Kleinigkeit an der Gebärmutter ist, kann man uns etwa getrost im Stich lassen? Die eigene Akzeptanz ist die eine Schwierigkeit, die Akzeptanz und Anerkennung der Erkrankung von anderen ist nochmal eine komplett andere Sache.
Danke Ella!
Vielen Dank, dass du uns so offen und ehrlich von deinem Weg mit der Adenomyose erzählt hast – damit gibst du dieser Krankheit ein weiteres Gesicht. Danke dafür!
Wenn ihr eure Endometriose Geschichte auch gerne erzählen möchtet, dann lasst es mich einfach wissen. Egal, ob über das Kontaktformular oder Instagram!