Christinas Endometriose Geschichte

Christinas Endometriose Geschichte.

„Ich hatte einen faustgroßen Tumor in der Blase. Am Tag danach kam ich ins Krankenhaus mit Verdacht auf Krebs. Es wurde eine Gewebeprobe entnommen und ich erhielt die Diagnose Endometriose. Endo was?“

Christinas Endometriose Geschichte.

Es gibt heute mal wieder eine neue Endometriose Geschichte auf meinem Blog für euch! Es erzählt die liebe Christina, ihr kennt sie vielleicht von Instagram als endochrissy, von ihrem Weg mit der Endometriose.

Ganz kurz vorweg: Wer bist du eigentlich?

Hi, ich bin Christina Schake alias endochrissy. Ich wohne mit meinem Mann in Herford und wir sind dieses Jahr fünf Jahre verheiratet. Wegen der Unfruchtbarkeit durch die Endometriose haben wir keine Kinder. Meine Endometriose begleitet uns von Beginn an. Im Sommer 2010 sind wir zusammengekommen und im Herbst lag ich plötzlich im Krankenhaus. Dies ist ein großer positiver Aspekt, dem ich meiner Erkrankung unendlich dankbar bin, denn ich darf diesen wundervollen Mann an meiner Seite haben! Noch nie fühlte ich mich jemandem so nah und verbunden. Man ist ja teilweise so schrecklich hilflos und ich bin dankbar, dies nicht alleine durchstehen zu müssen. 

Nun zu deiner Endometriose-Geschichte: Welche Symptome hattest du?

Ich habe meine Periode erst mit 16 bekommen. Sie war damals sehr stark und ich verlor regelmäßig viel Blut, sodass ich direkt an einer Anämie litt. Die Regelschmerzen wurden immer schlimmer, doch Fehlzeiten in der Schule erlaubten meine Eltern mir nicht. „Stell dich nicht so an“… wir alle kennen es! Schlechtes Essen, viel Sport und wenig Schlaf trugen auch nicht zur Heilung bei. Als ich alt genug war, habe ich mir selbst Krankmeldungen geschrieben und mich bei Freunden versteckt. 

Während des dualen Studiums, denn natürlich wollte ich gleich beides auf einmal – Studium und über die Ausbildung eigenes Geld verdienen! Wieso Semesterferien genießen, wenn es auch anstrengender geht. Das war mein Lifestyle – immer höher, schneller, weiter! Jedenfalls wurden die Schmerzen im dualen Studium immer schlimmer. Erst war es nur ein Tag, an dem ich nicht aufstehen konnte, gegen Ende schon drei. Ich konnte nicht essen, nicht auf Toilette, hatte immer Schmerzen während der Periode, keine Lust auf Sex und einen dicken Bauch. Alle vier Wochen war ich bei meiner Ärztin, immer wieder Krankschreibungen. Immer wieder wurde ich mit der Pille oder einem neuen Präparat nach Hause geschickt. Alles normal. Der Körper muss sich erstmal einpendeln… aber sechs Jahre lang?! 

Nach der Hochzeit starteten wir mit unserem Kinderwunsch. Ein weiterer Punkt zur langen Liste der Beschwerden und Nebenwirkungen: Unfruchtbarkeit. Zwei negative IFV mussten wir ertragen und verarbeiten, die gespritzten Hormone befeuerten die Endometriose. Die Ärzte sagten damals, mein Unterleib war hart wie Beton und sie wären sehr ins Schwitzen gekommen. Ich erinnere mich noch an Aussagen wie: „Ich kann mir nicht erklären, wie sie hier überhaupt noch sitzen können“ oder „ich HOFFE, wir konnten Ihnen helfen“. Die Endometriose ist nicht nur der Befall der Organe, die Schmerzen, sondern auch alle die anderen Nebenwirkungen: Unfruchtbarkeit, Unverträglichkeiten, Müdigkeit und chronische Erschöpfung, erhöhte Entzündungswerte und Hormonschwankungen. Dies wirkt sich wieder auf die Haut, Organe und Psyche aus. Aber „du siehst gar nicht krank aus“ und „stell dich nicht so an“, „es sind doch nur Regelschmerzen“… es wäre schön, wenn es mal nur die Schmerzen wären. 

Wann und wie wurde deine Endometriose dann diagnostiziert?

Nachdem meine Gynäkologin mich sechs Jahre ohne Befund immer wieder nach Hause geschickt hat, musste sich etwas ändern. Meine Mutter schleppte mich zu ihrem Chefarzt im Klinikum, wo sie damals arbeitete, da sie ihm sehr vertraute. Ich hingegen traute mich eher weniger, weil er ein Mann war und ich mich, wieso auch immer, schämte. Ich hatte auch so schlimme Angst vor der Untersuchung, denn die Schmerzen beim Ultraschall waren meist kaum auszuhalten. Der Arzt bedeckte mich mit einem Tuch und machte einen sehr kurzen Ultraschall, denn er sah, dass ich Schmerzen hatte. Sein Blick war erschreckend! 

Er organisierte mir direkt einen Termin bei einer Urologin. Ich hatte einen faustgroßen Tumor in der Blase. Am Tag danach kam ich ins Krankenhaus mit Verdacht auf Krebs. Es wurde eine Gewebeprobe entnommen und ich erhielt die Diagnose Endometriose. Endo was? Wir waren sehr erleichtert, dass es kein Krebs war. Aber wir hatten keinen Plan, was Endometriose bedeutete. Es folgte meine erste Endosanierung mit Bauchschnitt im September 2010. In einer sechsstündigen Operation wurden alle Herde – Bauchraum, Blase, Leisten, Gebärmutter und am äußerlichen Darm – entfernt. Alle Organe waren zusammengewachsen und ein Eierstock bereits zerfressen. 

Wie oft wurdest du schon operiert und wie war das?

Christinas Endometriose Geschichte.

Ich hatte 2010 und 2016 ungefähr sechsstündige Operationen mit Bauchschnitt. 2012, 2013, 2014 und 2019 Laparotomien. Es wurden immer Organe von Endometriose und Zysten befreit. Die Operation 2016 war bisher die schlimmste, denn es wurden auch Teile vom Darm entfernt und wieder zusammengeführt. So hatte ich zwar keinen künstlichen Darmausgang, aber die Schmerzen waren unglaublich stark! Zwei Tage konnte ich nicht aus dem Bett aufstehen, zwei Wochen Krankenhaus, später noch drei Wochen Anschlussheilbehandlung und bestimmt zwei bis drei Monate arbeitsunfähig. 2016 bekam ich einen Schwerbehindertenausweis mit 50 Prozent Behinderung. 

Wie ist deine Endometriose ausgeprägt? Wo sitzt oder saß sie?

Meine Endometriose hat Grad vier, was bedeutet, dass sie andere Organe befällt und durch Organe und Gewebe hindurchwachsen kann. Befallen waren die Blase, Harnleiter, Darm, Leisten, Bauch- und Beckenraum, Eierstöcke, Gebärmutter… grundsätzlich alle Organe im kleinen Becken. 

Wie gehst du jetzt mit deiner Endometriose um?

Es war ein langer Weg, bis ich begriffen habe, was Endometriose wirklich bedeutet! 2010 dachte ich, ich bin operiert und geheilt. Mein Leben ging weiter und ich wollte immer noch höher, schneller, weiter kommen. Neue Ziele, noch mehr Arbeit und Fortbildung und weniger Freizeit. Ich startete damals für sechs Monate mit Wechseljahrspritzen, sie regulieren den Hormonhaushalt der Frau auf Null. Dann erfolgte die Therapie mit der Pille im Langzeitzyklus. Die Periode sollte unterdrückt werden, um so die Endometriose aufzuhalten. Das funktionierte nicht. Dann wieder eineinhalb Jahre die Spritzen zur Downregulierung. Das bedeutet auch alle Nebenwirkungen auf die Psyche, Libido, Osteoporose und Hitzewallungen… es war schlimm!

Das erste Mal Unterstützung bekam ich 2016 in der Reha. Das kann ich nur jedem wärmstens ans Herz legen. Ich wurde aufgeklärt, bekam ein Verständnis für die Erkrankung, meinen Körper und den Zyklus der Frau. 2017 setzte ich alle künstlichen Hormone ab, stellte mein Leben und meine Ernährung um, begann mit Yoga, Heilkräutern und Akupunktur, probierte Physiotherapie, Osteopathie, Bindegewebsmassagen und vieles mehr. 

Wie geht dein Umfeld mit deiner Endometriose um?

Mein Mann ist mein größter Halt in dieser Zeit. Er bekommt natürlich alles live mit – jeden Schub, jeden Krampf, jeden Wut- und Weinausbruch! Viele Freundschaften sind zerbrochen, weil ich mich zurückgezogen habe. Ich muss oft Termine absagen, weil ich nicht die nötige Kraft finde. Nicht immer haben Menschen dafür Verständnis, dass man als chronisch Kranke einfach eingeschränkter im täglichen Handeln ist. Mit meiner Familie ist es immer mal wieder schwierig, weil jeder andere Erwartungen hat. Ich an sie und sie an mich, doch geredet wird nicht viel… das bleibt das Problem und dadurch fehlt auch Verständnis – es ist nicht leicht. 

Für mich war es irgendwann nötig, mich zu öffnen. Der Welt zu erzählen, dass ich krank bin. Mich nicht mehr rechtfertigen zu müssen und auch die Unfruchtbarkeit kund zu tun, um mich nicht immer der Frage „Wünscht ihr euch keine Kinder?“ zu stellen. Es gibt so viele Tabus bei diesen sensiblen Themen! Es war ein wichtiger Schritt und hat mir und ich glaube auch den Menschen in meiner Nähe geholfen! Man sollte sich nicht verstecken und weniger wert fühlen, weil man krank ist. 

Was würdest du jemandem mitgeben, der kurz vor seiner Operation steht oder frisch diagnostiziert wurde?

Vor der Operation sollte man wissen, was auf einen zukommt. Den Arzt alles fragen und vorbereitet sein, gegebenenfalls länger arbeitsunfähig zu sein, vielleicht auch direkt einen Antrag auf eine Anschlussheilbehandlung stellen. Nach der Diagnose sollte man sich ebenfalls Hilfe holen. Der Arzt ist dein Coach, aber du musst selbst alles in die Hand nehmen! Es ist und bleibt ein langer Weg, alles zu testen und zu schauen, was einem hilft und gut tut. Das ist von Patientin zu Patientin anders und muss nach und nach selbst ausprobiert werden. Man darf nicht aufgeben und die Hoffnung nicht verlieren. Man wird unglaublich stark und eigenständig, beschränkt sich auf das Wichtige und das ist auch richtig so! 

Christina hatte über meine Fragen hinaus noch zwei ihr sehr wichtige Themen auf dem Herzen, die sie hier mit uns teilen möchte!

Yoga als Therapie

Mir persönlich tut Yoga total gut! Es entspannt mich und meinen Körper. Yoga hilft mir bei meinem Endobelly, bei Ver- und Anspannungen und bei der Verdauung! Über verschiedene Atemtechniken kann ich meine inneren Organe massieren und Schmerzen durch Atmung lindern. Dazu ist es ein gutes Ganzkörpertraining! 

Tabuthema Sex und Endometriose 

Auch das ist ein wichtiges Thema, denn oft haben Patientinnen Schmerzen beim Sex! Dadurch fehlt manchmal die Lust. Aber auch die Unterdrückung des Zyklus über die Pille oder die Spritzen wirken sich negativ auf die Libido aus. Es ist so wichtig mit dem Arzt und dem Partner darüber zu sprechen. In welcher Stellung ist es gut und was genau tut weh? Es ist so leicht und doch so schwer das Gespräch zu suchen. Bitte nehmt euren Mut zusammen und traut euch! Nachdem mein Darm saniert wurde, sind meine Schmerzen deutlich weniger geworden. Tut mir leid für die Offenheit – wobei, eigentlich tut es mir nicht leid! Denn Sex und Befriedigung bringen so viel Lebensqualität. Das sollte man nicht unterschätzen! 

Was möchtest du noch gerne einfach mal loswerden?

Ich wünsche mir mehr Verständnis und mehr Wissen in der Gesellschaft. Es muss mehr geforscht werden, wie uns geholfen werden kann und woher diese Erkrankung kommt! Was man tun kann und das es irgendwann eine Heilung gibt! Mein persönliches Ziel ist es, mein Wissen zu teilen und damit anderen zu helfen! Der Leidensweg sollte verkürzt werden und man sollte jungen Frauen sagen, dass Regelschmerzen NICHT normal sind! Ich bin sehr stolz auf die Gründung der Selbsthilfegruppe in meiner Heimatstadt und ich werde weiter kämpfen, für meine Erkrankung und meine Mädels. 

Ich danke dir, für deine Mühe und Liebe, die du in dieses Projekt steckst! Du bist wunderbar und einmalig! Bitte bleib so tapfer und mutig, unsere Geschichten zu erzählen. Auch ein großes Dankeschön an alle Endometriosekämpferinnen, die sich hier offenbaren und mitwirken, die Endometriose bekannter zu machen! 

Danke Christina!

Als aller erstes möchte ich mich bei dir für deine lieben Worte an mich bedanken! Es bedeutet mir sehr viel, dass mein Wunsch, so viele Facetten der Endometriose wie möglich zu zeigen, auf so viel Zuspruch bei euch anderen Betroffenen da draußen trifft. Außerdem danke ich dir natürlich dafür, dass du mit deiner Endometriose Geschichte einen weiteren Teil zu meinem Aufklärungswunsch beigetragen hast!

Wenn ihr eure Endometriose Geschichte auch gerne erzählen möchtet, dann lasst es mich einfach wissen – egal, ob über das Kontaktformular oder Instagram!

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